Vom Nachahmer zum Neudenker: Der Wert eigener Modelle im Sachbuch

Unser Autor Jürgen Wulff beschreibt in seinem Beitrag die Bedeutung und den Einsatz von Modellen und Visualisierungen in Sachbüchern. Wulff zeigt, wie eigene Modelle das Verständnis komplexer Inhalte erleichtern und Sachbücher für ein breiteres Publikum zugänglich machen.

Vom Nachahmer zum Neudenker: Der Wert eigener Modelle im Sachbuch

Bereits mit 11 Jahren, während meiner sechsten Klasse, entwarf ich mein erstes Modell für den Deutschunterricht. Die Aufgabe lautete, unsere Vorstellung vom Gedächtnis zu erklären. Mein Entwurf nahm zunächst auf einem Blatt Papier Gestalt an.
Noch lebhaft in Erinnerung ist mir das überraschte Gesicht meines Deutschlehrers, Herrn Paetow, als ich anfing, mein Modell an der Tafel zu skizzieren. Sein anfängliches Erstaunen verwandelte sich schnell in aufrichtige Bewunderung, die mich von da an bis zum Abitur stetig begleitete. Herr Paetow war mir besonders wohlgesonnen – oder wie man damals sagte, er war mir „sehr gewogen“. Das ist nun 50 Jahre her und immer noch gilt: Mit einer originellen oder überzeugenden Visualisierung kann man Zuhörer und Leser fesseln.
Seit beinahe einem Jahrzehnt verfasse ich nun Sachbücher, um mein über Jahrzehnte angesammeltes Wissen und meine Expertise – vor allem im Bereich der Führung – mit interessierten Lesern zu teilen. Dabei war es mir in jedem meiner Werke wichtig, Modelle und Visualisierungen einzusetzen. Sie erleichtern das Verständnis der Inhalte, die ich vermitteln möchte. Ein angenehmer Nebeneffekt ist zudem, dass Bücher durch gelegentliche Grafiken aufgelockert und somit lesefreundlicher gestaltet werden.
Sachbücher zielen, im Gegensatz zu Fachbüchern, auf eine breitere Leserschaft ab. Ihr Hauptanliegen ist es, komplexe Themen auf eine verständliche und zugängliche Weise darzustellen, sodass auch Laien ohne spezielles Vorwissen Einsichten in das jeweilige Fachgebiet oder Thema gewinnen können. Aus diesem Grund sind Modelle und Visualisierungen in Sachbüchern häufig anzutreffen. Sie dienen dazu, komplizierte Sachverhalte zu illustrieren und die zugrundeliegenden theoretischen Konzepte in verständliche und greifbare Informationen zu übersetzen, die grundsätzlich jeder verstehen kann.
Hierbei können drei Ansätze im Umgang mit Modellen unterschieden werden:
 
  • Die Übernahme eines vorhandenen Modells,
  • Die Ergänzung oder Anpassung eines Modells,
  • Die Entwicklung eines eigenen, neuen Modells

 

1. Nutzung bestehender Modelle

Vorteil: Minimaler Aufwand erforderlich. Nachteil: Das Modell ist bekannt und kann daher langweilig wirken.

Als Autor begegnet man gelegentlich dem idealen Modell, das präzise die Botschaft vermittelt, die man teilen möchte, unterstützt durch eine klare und verständliche Visualisierung. In diesen Fällen empfiehlt es sich, auf das bewährte Modell zurückzugreifen. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, dieses Modell nahtlos in den eigenen Text einzubetten, sodass es für die Leserschaft einen echten Mehrwert darstellt. Dabei ist es essenziell, die Quelle des Modells zu zitieren und dessen Relevanz für das behandelte Thema herauszustellen. Der Rückgriff auf ein etabliertes Modell kann die Authentizität des Sachbuchs unterstreichen und den Lesenden helfen, komplexe Zusammenhänge rasch zu begreifen. Allerdings kann die Verwendung allzu bekannter Modelle die Frische des Inhalts beeinträchtigen, da sie bereits weitläufig bekannt sind.

Beispiel: Möchten Sie die Relevanz des „Blinden Flecks“, also der eigenen Betriebsblindheit, illustrieren, bietet sich das Johari-Fenster von Joe Luft und Harry Ingham aus den 1950er Jahren an.

Profi-Tipp: Durchstöbern Sie Bilddatenbanken nach vorhandenen Visualisierungen des Modells. Diese lassen sich entweder direkt adaptieren oder mit geringfügigen Modifikationen verwenden. Lassen Sie sich inspirieren und versuchen Sie gegebenenfalls, das Modell eigenhändig zu skizzieren. Sollten Sie dabei Unterstützung benötigen, steht Ihnen das Grafikteam Ihres Verlags gerne zur Seite.

2. Erweiterung bestehender Modelle

Vorteil: Moderater Arbeitsaufwand, demonstriert das innovative Denken des Autors/der Autorin.

Nachteil: Die Visualisierung bedarf einer Anpassung.

In vielen Fällen existiert bereits ein Modell, das die Grundlage des zu erklärenden Phänomens abdeckt, jedoch bestimmte Aspekte nicht berücksichtigt oder neuere Entwicklungen außer Acht lässt. Hier bietet sich die Möglichkeit, das bestehende Modell zu erweitern oder anzupassen. Dies kann durch Hinzufügen neuer Elemente, die Betonung bisher vernachlässigter Aspekte oder die Integration aktueller Forschungsergebnisse geschehen. Eine solche Erweiterung erfordert das Verständnis des ursprünglichen Modells sowie des zusätzlichen Wissens, das integriert werden soll. Die Herausforderung besteht darin, die Balance zu wahren, sodass das erweiterte Modell sowohl informativ als auch verständlich bleibt. Als Autor/in zeigen Sie damit, dass Sie bereit sind, über den Rand des Bekannten hinauszudenken und neue Perspektiven zu integrieren.

Ich erinnere mich mit Stolz an die Anfrage einer Studentin im Jahr 2017, die mein adaptiertes SMARTER-Modell für Zieldefinitionen in ihrer Bachelorarbeit verwenden wollte. Dieses Modell hatte ich für eines meiner ersten E-Books, „Effektives Selbstmanagement: Wie Sie wichtige Aufgaben meistern und Ziele zu Erfolgen werden“ entwickelt. Verfügbar ist das Buch nach wie vor für Amazon Kindle.

Beispiel: Für mein Buch „Zielführend – Unternehmen brauchen Führung, Führung braucht Orientierung“ , das 2019 bei Wiley-VCH erschien, erweiterte ich das Drei-Zonen-Modell aus Komfortzone, Lernzone und Panikzone. Ich fügte humorvoll die „Gähnzone“ hinzu, um auf die Unterforderung aufmerksam zu machen, die im ursprünglichen Modell außer Acht gelassen wurde. Zudem illustrierte ich, an welchem Punkt „Flow“ entsteht, und visualisierte das Ganze schließlich als Tachometer, um die Überlastung in der Panikzone eindrucksvoll darzustellen.

Das Vier-Zonen-Modell

Profi-Tipp: Achten Sie bereits bei der Erstellung der Visualisierung darauf, ob die Grafiken auch in Graustufen darstellbar sein müssen. Zwar kann jede Grafik in Graustufen konvertiert werden, oft leidet jedoch der Kontrast unter dieser Umwandlung.

3. Entwicklung eigener Modelle

Vorteil: Hohe Originalität, man wird zum „Neudenker“.

Nachteil: Teilweise hoher Aufwand zur Entwicklung des Modells und seiner Visualisierung.

Wenn das zu Erklärende völlig neu ist oder die existierenden Modelle so unzureichend sind, wird die Entwicklung eines völlig neuen Modells erforderlich. Dies könnte der Fall sein, wenn sich Rahmenbedingungen grundlegend geändert haben, neue Technologien entstanden sind oder das bisherige Verständnis eines Themas sich als unvollständig oder fehlerhaft herausstellt.

Die Schaffung eines neuen Modells ist meist eine anspruchsvolle Aufgabe, da sie originäres Denken und eine umfassende Analyse des Themas erfordert. Autoren müssen dazu bestehendes Wissen kritisch hinterfragen und dann Wege finden, um ihre Erkenntnisse passend zu visualisieren. Ein erfolgreich entwickeltes neues Modell kann einen signifikanten Beitrag zum Verständnis des Themas leisten und dem Autor eine starke Positionierung in seinem Fachgebiet ermöglichen.

  • Die Entwicklung eigener Modelle bietet Sachbuchautoren allerdings eine Reihe von Vorteilen, die den Aufwand der Entwicklung rechtfertigen:
  • Originalität: Eigene Modelle unterstreichen die Einzigartigkeit des Werks und heben es von anderen Büchern ab.
  • Autorität: Durch die Entwicklung eigener Modelle kann der Autor seine Expertise und seinen Beitrag zum Fachgebiet demonstrieren.
  • Anpassung: Eigene Modelle lassen sich genau auf die Bedürfnisse und das Verständnisniveau der Zielgruppe zuschneiden.
  • Innovationskraft: Sie zeigen die Fähigkeit des Autors, über den aktuellen Wissensstand hinaus zu denken und neue Perspektiven zu bieten.
  • Langlebigkeit: Eigene Modelle können dazu beitragen, dass das Werk über längere Zeit relevant bleibt, insbesondere wenn sie neue Trends oder Entwicklungen vorwegnehmen.
  • Vermächtnis: Die Schaffung eines neuen Modells kann Teil des Vermächtnisses eines Autors werden, insbesondere wenn es von anderen zitiert, aufgegriffen und vielleicht sogar weiterentwickelt wird.

 

Profi-Tipp: Experimentieren Sie mit typischen Formen wie Dreieck, Kreis, Viereck, Strahlenformen etc. und lassen Sie Ihr Modell auf sich wirken. Sie werden feststellen, dass jede Form eine andere Wirkung entfaltet und die Aussage leicht verändert.

Beispiele 1: Für mein bereits erwähntes Buch „Zielführend“ habe ich die verschiedenen Perspektiven im Unternehmen visualisiert:

Die drei Perspektiven im Unternehmen

Mir war es bei diesem Modell wichtig zu zeigen, dass alle Gruppen im Unternehmen – Unternehmensleitung, Management und Mitarbeiter ausreichend Orientierung über die Sichtweise der jeweils anderen Gruppen benötigen. Erst dieses gegenseitige Verständnis ermöglicht ein rollenübergreifendes Denken im Sinne des Unternehmens.

Profi-Tipp: Modelle sind vereinfachte Darstellung der Realität. Überfrachten Sie Ihr Modell nicht, sondern stellen Sie die wichtigsten Punkte dar. Im obigen Beispiel hätte man noch zwischen höheren Leitungskräften und dem einfachen Management unterscheiden können. Und auch die am Rand der Kreise genannten Begriffe als wichtigste Aufgaben der jeweiligen Gruppe, wie „Profitabilität, Werterhöhung und Zukunftssicherung“ bei der Unternehmensleitung sind sicher nicht die einzigen wichtigen Aufgaben.

Beispiel 2: Für mein Buch „Die Welt ist kein Planschbecken – Überleben unter Erwachsenen“, das 2023 beim Mentoren-Media-Verlag erschien, entwickelte ich das Konzept der Top-Down-Argumentation. Dieses soll Führungskräften dabei helfen, Fragen von Mitarbeitern zu Anweisungen oder Veränderungsprozessen schnell und verständlich zu beantworten.


Die Top-Down-Argumentation.

Wenn der Zweck oder Sinn, die Vision oder das Ziel unklar bleiben, gestaltet sich die Umsetzung geplanter Maßnahmen als schwierig. Trotz der offensichtlichen Wichtigkeit vergessen viele Führungskräfte, diese Schlüsselelemente klar zu kommunizieren.

Fazit
Die Entwicklung und Verwendung von Modellen und Visualisierungen im Sachbuchbereich stellt eine Kunst für sich dar. Ob man nun bestehende Modelle nutzt, diese erweitert oder ganz neue kreiert – jeder dieser Ansätze hat seine eigenen Vorzüge und Herausforderungen. Die Fähigkeit, komplexe Inhalte auf eine verständliche und ansprechende Weise darzustellen, ist ein unverzichtbares Werkzeug im Arsenal eines jeden Sachbuchautors. Sie dient der Wissensvermittlung, der Inspiration und dem Aufbau einer Verbindung zum Leser.

Die Wahl des richtigen Ansatzes hängt von Ihren Zielen als Autor/in, dem Thema des Buches und den Bedürfnissen der Zielgruppe ab. Ein gut durchdachtes, klar visualisiertes Modell kann das Verständnis fördern, die Erinnerung stärken und letztendlich die Botschaft des Buches verstärken. Es ist der Schlüssel, um aus Informationen Erkenntnisse zu machen und schließlich zu Handlungen zu inspirieren.

Für Sachbuchautoren, die den Wert eigener Modelle erkennen, aber vor der Herausforderung stehen, diese selbst zu entwickeln, besteht kein Grund zur Sorge. Der Prozess der Modellentwicklung kann zwar anspruchsvoll sein, aber er ist auch außerordentlich lohnend. Wenn Sie sich auf diesem Weg befinden und Unterstützung suchen, zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren. Mit meiner Erfahrung und Expertise stehe ich Ihnen gerne zur Seite, um Ihre Visionen in greifbare Modelle zu verwandeln, die Ihre Botschaft klar und wirkungsvoll vermitteln.

Jürgen Wulff

Über Jürgen Wulff

Jürgen Wulff, ein Meister der Führungsstrategie und Mentor für nachhaltigen Unternehmenserfolg, verbindet in seinen Werken tiefgreifendes Wissen mit praktischer Erfahrung, um Führungskräfte und Unternehmen auf ihrem Weg zu Erfolg und Zufriedenheit zu begleiten. Seine Bücher, angereichert mit lebensnahen Beispielen und erprobten Strategien, bieten nicht nur Orientierung und Inspiration, sondern auch konkrete Handlungsanweisungen für alle, die in der modernen Arbeitswelt nicht nur überleben, sondern wirklich etwas bewegen wollen. Mehr zum Autor: Jürgen Wulff

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